Am heutigen Donnerstag hat der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetović seine neunte Rede im Deutschen Bundestag gehalten.

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Neunte Rede von Adis Ahmetović, MdB, im Deutschen Bundestag am 9. Februar 2023 zu TOP 9 – Antrag AfD „Deutschlands Verantwortung für Frieden in Europa gerecht werden – Eine Friedensinitiative mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Russland“

- Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

fast genau ein Jahr ist es her – meine erste Rede im Deutschen Bundestag – quasi zum selben Thema wie heute! Nur wenige Tage vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und dem Versuch, das europäische Sicherheits- und Friedensgerüst ins Wanken zu bringen.

Ich betone, dem Versuch! Ich habe vor einem Jahr formuliert, ich zitiere: „Sollte es durch Russland eine neue militärische Aggression gegen die Ukraine geben, […] muss Russland mit harten Sanktionen und Reaktionen rechnen, die wir gemeinsam und geschlossen mit unseren Verbündeten […] umgehend verabschieden werden.“

Russlands perfider Plan, in weniger als einer Woche Grenzen innerhalb Europas zu verschieben und die territoriale Integrität einer souveränen Ukraine anzugreifen, so zeigt es sich nach einem Jahr – dieser russische Plan wird nicht aufgehen.

Der zweite russische Überfall auf die Ukraine 24. Februar 2022 hat jedoch eine historische Zäsur erwirkt, auf die unser Bundeskanzler sehr richtig und wegweisend mit einer Zeitenwende reagiert hat.

Wir unterstützen als geeintes Deutschland, in einem vereinten Europa, gemeinsam mit unseren internationalen Partnern ein souveränes demokratisches Land, die Ukraine, und seine Bevölkerung: die Ukrainerinnen und Ukrainer.

Wir helfen einer Demokratie, die Teil der europäischen Familie und des transatlantischen Bündnisses werden möchte. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, tun wir, weil genau das unsere historische und europäische Verantwortung ist.

Unsere Unterstützung für die Ukraine fußt auf vier Prinzipien:

Wir unterstützen die Ukraine humanitär:

Wir haben in einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung seit dem russischen Überfall über eine Million Geflüchtete in Deutschland aufgenommen, tausende Tonnen Lebensmittel, Hygieneartikel und Bekleidung in die Ukraine geliefert und helfen aktiv dabei, die von Russland gezielt zerstörte Infrastruktur – Wärme, Wasser und Strom – wiederherzustellen.

Wir unterstützen die Ukraine finanziell:

Deutschland ist der größte Geldgeber der Ukraine innerhalb der EU und hat den Staat seit Kriegsbeginn mit bilateralen Leistungen von über 12 Milliarden Euro unterstützt. Dazu erarbeiten wir schon jetzt mit unseren internationalen Partnern eine Art "Marshall-Plan“, um der Ukraine auch beim langfristigen Wiederaufbau zu helfen.

Ja, wir unterstützen die Ukraine auch militärisch:

Die Lieferung deutscher Flugabwehrsysteme an die Ukraine stellt einen essenziellen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung vor gezielten russischen Raketenangriffen dar. Ohne den ukrainischen Kampfeswillen und westlichen Rüstungslieferungen, zu denen inzwischen explizit auch Schützen- und Kampfpanzer zählen, wäre Putin seinem Ziel sehr wahrscheinlich bereits ein Stück näher.

Ich sage ganz deutlich: Niemand hat sich die Entscheidung zur Lieferung von Rüstungsgütern in die Ukraine leicht gemacht – ich nicht, und meine Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktion ebenfalls nicht. Und das ist auch völlig menschlich. Viele von uns bekommen Briefe von besorgten Bürgerinnen und Bürgern aus dem Wahlkreis. Diese Sorgen nehmen wir ernst.

„Immer mehr und immer schwerere Waffen“ sind eben kein Automatismus und kein selbstverständlicher Akt. Gerade deswegen ist es so wichtig, dass wir eine Bundesregierung haben, die besonnen handelt, die sich mit unseren Verbündeten abstimmt, keine Alleingänge zulässt und Deutschland nicht zur Kriegspartei werden lässt.

In diesem Rahmen sind Waffenlieferungen richtig und notwendig. Sie dienen zur Selbstverteidigung für die Ukraine und erhöhen den Druck auf Russland. Zudem steigert es die Erfolgschancen der Diplomatie. Unser viertes Prinzip.

Entgegen mancher Vorwürfe bemühen wir uns als Bundesregierung seit Tag eins um Diplomatie und Friedensgespräche. Zur Wahrheit gehört aber auch:

Jegliche internationalen Bemühungen um Diplomatie und Friedenspolitik werden von Putin weiterhin sabotiert. Putin ist erst bereit für Gespräche, wenn das ukrainische Existenzrecht aberkannt wird. Diese völkerrechtswidrige Position stellt für uns keine Verhandlungsbasis dar.

Daher ist unsere außen- und sicherheitspolitische Strategie genau richtig:

Auf der einen Seite humanitär und finanziell helfen, und auf der anderen Seite militärische Stärke und Diplomatie zusammendenken.

Wenn die Putin-treue AfD wiederum heute einen Antrag zur „Verantwortung Deutschlands für den Frieden in Europa“ vorlegt, der einmal mehr das fragwürdige Geschichtsverständnis und -wissen der Partei sowie auch ihre pro-putinsche Position offenlegt, müssen wir als Demokratinnen und Demokraten darauf ganz klare Antworten finden.

Ein Diktatfrieden, ein fauler Kompromiss oder ein brüchiger Waffenstillstand so wie die AfD es in ihrem Antrag vorschlägt, können für uns keine Lösung sein.

Alle demokratischen Fraktionen stellen sich dem entschlossen entgegen. Es braucht vielmehr einen echten, nachhaltigen Frieden:

  • Ein Frieden, der nicht über die Ukraine hinweg verhandelt wird,
  • der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine gewährleistet,
  • ein Frieden, der die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen wie in Butscha oder Irpin zur Rechenschaft zieht.

Das ist unsere historische und europäische Verantwortung, meine Damen und Herren.

Am Ende wird es darum gehen, dass Russland und Putin diesen Krieg verlieren, und, gerne zitiere ich zum Abschluss meinen niedersächsischen Kollegen und unseren neuen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius:

„Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.“ Zitat Ende.

Ich füge hinzu: Für sich. Für Deutschland. Aber auch für Europa!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!