Am Freitag hat der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetović in seiner Rede im Deutschen Bundestag über die Notwendigkeit der Verlängerung des EUFOR-Althea-Einsatzes gesprochen.

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Meine Damen und Herren!

Heute vor drei Wochen, am 26. Mai 2023, haben wir, die Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr an der NATO-geführten Schutztruppe KFOR zugestimmt. Nur vier Tage später, am 30. Mai 2023, wurden bei gewaltsamen Protesten im Kosovo mehr als 30 Soldatinnen und Soldaten aus Ungarn und Italien verletzt, zum Teil sogar schwer. Diese Angriffe verurteilen wir aufs Schärfste.

Auf diesem Weg möchten wir den KFOR-Soldaten noch mal ausdrücklich für ihren Einsatz danken, und den Verwundeten wünschen wir eine schnelle Genesung.

Bosnien und Herzegowina, das ist nicht Kosovo; und EUFOR Althea, das ist nicht KFOR. Aber natürlich gibt es Parallelen, und die gewaltsamen Ausschreitungen im Kosovo haben uns noch einmal mehr auf schmerzliche Weise vor Augen geführt, welche große Verantwortung wir als Parlament haben, wenn wir die Beteiligung der Deutschen Bundeswehr an solchen Auslandseinsätzen beschließen.

Es ist wichtig, dass wir über die Mandate KFOR und EUFOR Althea sprechen; denn wir sind uns bewusst, welchen wichtigen Beitrag unsere Soldatinnen und Soldaten in der Westbalkanregion leisten und welchem Risiko sie dabei tagtäglich ausgesetzt sind. Dieser Einsatz - das haben viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner auch schon gesagt - verdient unsere größte Anerkennung und unseren Dank.

Meine Damen und Herren,

schauen wir heute explizit auf Bosnien-Herzegowina, dann ist klar: EUFOR Althea, das ist ein notwendiger Grundpfeiler für die Sicherheit im Land und damit auch für Freiheit und Demokratie. Fast 30 Jahre nach Ende des Krieges ist Bosnien-Herzegowina leider noch immer ein gespaltenes Land - gespalten, weil ethnonationalistische Machteliten mit populistischen Mitteln versuchen, die verschiedenen ethnischen Gruppen gegeneinander aufzuhetzen. Das tun sie, um gezielt von den eigentlichen Herausforderungen des Landes abzulenken und ihre Macht zu zementieren. Diese ethnonationalistische Machtpolitik hemmt seit fast 30 Jahren einen aufrichtigen Versöhnungsprozess und den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes.

Zu dieser ethnonationalistischen Machtpolitik gehört unter anderem, dass Kriegsverbrecher mit Verdienstorden ausgezeichnet werden. Kriegsverbrechen werden relativiert oder sogar gefeiert. So darf es uns als Deutschland und EU nicht egal sein, wenn Milorad Dodik, der Präsident der bosnisch-herzegowinischen Entität Republika Srpska, nach Moskau reist und Putin einen Verdienstorden überreicht. Das müssen wir auf das Schärfste kritisieren; denn wir wissen alle, was Putin seit über anderthalb Jahren in der Ukraine macht. Deshalb gilt es, einen wie Milorad Dodik - das sieht vielleicht die Linkspartei nicht so - von Europa aus zu sanktionieren; denn so einer darf nicht unsere Unterstützung haben, meine Damen und Herren.

Genauso droht der Präsident dieser einen Entität, den EU-Botschafter in Sarajevo zu verkloppen, wenn er ihn sieht. Wenn man auf die andere Seite der Entität guckt, gibt es Lidija Bradara, die Präsidentin der bosnisch-herzegowinischen Entität der Föderation, die in einem Interview sagt: Wenn ein Kriegsverbrecher im Gefängnis war, seine Haftstrafe abgesessen hat und wieder rauskommt, dann ist er rehabilitiert. - Aber ein Kriegsverbrecher bleibt ein Kriegsverbrecher. Vor allem der Kriegsverbrecher, über den sie gesprochen hat, Dario Kordic, hat vor einigen Tagen in einer privaten Aufnahme gesagt, er bereue nichts von dem, was er getan hat, und würde alles genauso wiederholen.

Wenn man das alles hört, meine Damen und Herren, dann muss man wissen: Das sind keine Beispiele der 90er-Jahre, das sind Beispiele der letzten vier Wochen, über die wir gerade sprechen. Deshalb ist es notwendig, dass wir über die Verlängerung des Mandates EUFOR Althea sprechen und dass wir als Parlament gemeinsam mit unserer Bundesregierung bereit sind, unsere Parlamentsarmee dazu zu befähigen, mit 50 Bundeswehreinsatzkräften Bosnien-Herzegowina und EUFOR Althea zu unterstützen, auch fast 30 Jahre nach dem Krieg.

Ich bin sehr, sehr dankbar für jede Soldatin und jeden Soldaten, der bereit ist, dieses Mandat mit zu unterstützen. Deshalb hat das unsere Rückendeckung und Unterstützung aus diesem Parlament, meine Damen und Herren.

Weil ich jetzt nur noch 30 Sekunden Redezeit habe und wir viele Herausforderungen hier schon gemeinsam analysiert haben, will ich eines sagen: Ich bin immer auch ein Fan davon, über das Erfolgsmodell Bosnien-Herzegowina zu sprechen. Es gibt viele Herausforderungen, ja, aber es gibt auch viele positive Dinge.

Das Land hat auf allen Ebenen Regierungen; das ist gut. Das Land hat im vergangenen Jahr im Dezember den EU-Beitrittskandidatenstatus bekommen. Auch das ist ein wichtiges Zeichen, nicht nur für die Bevölkerung dort, sondern für viele Menschen, die vor vielen Jahrzehnten aus diesem Land geflohen sind und in der sogenannten Diaspora leben. Viele dieser Menschen leben in unseren Wahlkreisen, und sie sind uns dankbar dafür, dass wir das mit forciert haben, meine Damen und Herren.

Zu guter Letzt: Es ist richtig und wichtig, dass wir als Deutscher Bundestag hier von diesem Parlament aus immer wieder das Zeichen entsenden, dass die Politik ethnonationalistischer Machteliten keinen Platz bei uns und auch keinen Platz in Bosnien-Herzegowina hat. Wir stehen ganz klar für ein multiethnisches, multireligiöses Bosnien-Herzegowina. Und wir sagen ganz klar: Keine neuen Architekturprojekte, liebe AfD, ganz im Gegenteil. Die Zeit der Grenzverschiebungen ist vorbei.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.