In den vergangenen 20 Jahren ist der Bundestag immer größer geworden. Das lag vor allem an den sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten. Mit der Wahlrechtsreform wird dies nun abgeschafft. Der Bundestag bekommt eine feste Größe von 630 Abgeordneten, die auch nicht mehr überschritten werden kann.

Die wegweisende Reform, die am Freitag im Bundestag beschlossen wurde, sieht eine Verkleinerung des Bundestags von 736 auf dauerhaft 630 Abgeordnete nach der nächsten Wahl 2025 vor. Der Bundestag wird kleiner, günstiger, effizienter werden. Was ein klein wenig nach Marketing klingt, enthält im Kern viel Wahres: Mit 736 Abgeordneten leistet sich Deutschland weltweit eines der größten Parlamente. Dies erfährt nicht nur Zuspruch, sondern löst bisweilen auch Unverständnis in der Bevölkerung, aber auch bei internationalen Partnern aus.

Die derzeitige Größe des Bundestags resultiert aus dem Wahlsystem mit seinen zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählen die Bürgerinnen und Bürger in jedem der 299 Wahlkreise direkt eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten. Über die Zweitstimme entscheidet sich, wie viele Sitze eine Partei im Parlament erhält. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, darf sie diese behalten. Für diese sogenannten Überhangmandate bekommen die anderen Parteien wiederum Ausgleichsmandate.

Das neue Wahlrecht sieht daher vor, dass neben den Überhang- und Ausgleichsmandaten auch die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen wird. Diese erlaubt es Parteien bislang, auch dann in den Bundestag einzuziehen, wenn sie die 5-Prozent-Hürde nicht erreicht hat, aber mindestens drei Direktmandate über die Erststimmen gewonnen hat. Dies war 2021 beispielsweise bei den Linken der Fall.

Die Wahlrechtsreform ist seit vielen Jahren ein heißes Eisen, das bislang nicht den Weg in den Bundestag gefunden hat. "Mit der jetzigen Reform, wozu wir nicht nur in der Ampelkoalition intensive Gespräche geführt haben, sondern darüber auch mit der Opposition in diversen Formaten diskutiert haben, schaffen wir es meiner Ansicht nach, dass mit der Verkleinerung des Bundestags keine Schwächung der Kontroll- und Arbeitsmöglichkeiten einhergehen", so der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetović.

So bestand unter anderem die Sorge, dass durch die Reform nicht jeder Wahlkreis eine Vertretung haben würde. Dies wird in den allermeisten Fällen umgangen, indem die ursprünglich geplante Kappungsgrenze von 598 Abgeordnete auf 630 erhöht wurde. "Für uns in Hannover bedeutet dies zum Beispiel, dass alle Wahlkreise erhalten bleiben."

Die Reform des Wahlrechts enthält folgende Elemente:

• Regelgröße des Deutschen Bundestags von 630 Sitzen: Die Repräsentanz der Wahlkreise ist ein wichtiges Element unserer Volksvertretung. Daher sieht der Entwurf vor, dass es auch zukünftig bei 299 Wahlkreisen bleibt. Mit der zum Ursprungsentwurf moderaten Erhöhung der Regelgröße auf 630 Abgeordnete (d. h. 299 Walkreise und 331 Listenplätze) sorgen wir dafür, dass weniger Wahlkreise aufgrund von Kappung unbesetzt bleiben.

• Bezeichnung der Stimmen: Bei der Bezeichnung der Stimmen bleibt es auch künftig bei der bisher verwendeten Bezeichnung von Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wird auch zukünftig über Kreiswahlvorschläge abgestimmt und mit der Zweitstimme die Landeslisten gewählt.

• Stärkung des Grundcharakters der Verhältniswahl durch Streichung der Grundmandatsklausel: Die Grundmandatsklausel ist schon heute ein Element ist, das weder verfassungs- noch wahlrechtlich begründbar ist. So haben die Sachverständigen übereinstimmend deutliche Zweifel geäußert, ob die Grundmandatsklausel den wahlrechtssystematischen Anforderungen der Bundestagswahl entspricht. Wir schlagen daher eine klare und einfache 5 Prozent-Hürde für alle Listen und Parteien mit Ausnahme von Einzelbewerbern, die im Wahlkreis ohne Parteibindung erfolgreich sind, um das Gesetz „verfassungsfest“ zu machen. Dies bedeutet, dass Parteien, die mindestens drei Direktmandate erzielen, nicht mehr wie bisher möglich in den Bundestag einziehen können.

"Auch die nun beschlossene Wahlrechtsreform wird die Debatte darum nicht beenden können, das ist schon jetzt aufgrund der lautstarken Ablehnung einer Partei aus Bayern deutlich zu erkennen. Ich bin mir aber sicher, dass der Ampelkoalition eine Reform gelungen ist, mit dem das Wahlrecht fair und transparent bleibt und wir in der Lage sind, neben einer verbesserten Effizienz des Bundestages auch die Legitimität des Parlaments zu erhöhen. „Zudem zeigen wir, dass wir in der Lage sind, uns selbst zu reformieren. Und das ist ebenfalls ein starkes Signal!", so Ahmetović.