Turbulente Sommerzeit - Persönliche Erklärung
Sehr geehrte Damen und Herren,
die parlamentarische Sommerpause ist in vollem Gange, der mit viel Trubel einhergehende Berliner Politikbetrieb ruht. Insbesondere zwei Nachrichten haben es aber geschafft, die berühmte Sommerflaute zu unterbrechen: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform sowie die Stationierung weitreichender konventioneller US-Waffensysteme in Deutschland.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil das entscheidende Kernstück der von der Ampel auf den Weg gebrachten Wahlrechtsreform bestätigt:
- Überhang- und Ausgleichsmandate, die den Bundestag immer weiter vergrößern und so seine Arbeitsfähigkeit gefährdeten, fallen weg. Damit herrscht bereits jetzt Klarheit:
- Der Deutsche Bundestag wird künftig eine feste Größe von 630 Abgeordneten haben. Aktuell sind es 734 Abgeordnete. Das ist ein großer Erfolg und wir haben damit ein zentrales Wahlversprechen eingelöst. In dem Umfang ist es keiner Vorgängerregierung gelungen.
- Wir sichern die Funktionsfähigkeit des Bundestages und die effektive parlamentarische Arbeit durch ein faires, transparentes und einfaches neues Wahlrecht. In der Umsetzung bedeutet die Reform, dass für den Einzug ins Parlament die Zweitstimme an Gewicht zunimmt. Anhand dieser wird ermessen, wie viel Prozent der Sitze eine Partei einnimmt.
- Das BVerfG hat mit dem Urteil zudem ein deutliches Zeichen gesetzt, dass der Versuch, vor allem der Union, die Reform einzukassieren, gescheitert ist. Einzig die 5-Prozent-Sperrklausel hat das Bundesverfassungsgericht in begrenzter Form moniert. Diese muss modifiziert werden. Die Grundmandatsklausel muss weiter Bestand haben, solange sie nicht ordentlicher geregelt wird. Daher gilt es jetzt, das Urteil auszuwerten und etwaigen Handlungsbedarf anhand der Kriterien des Urteils zu prüfen.
- Fazit: Mit Blick auf die nächste Bundestagswahl gilt jedoch festzuhalten, das neue Wahlrecht kann ohne weitere Änderung zur Anwendung kommen. Für uns vor Ort in Hannover bedeutet das, dass es wieder große Chancen gibt, beide Wahlkreise zu gewinnen und im Parlament mit zwei aktiven Abgeordneten vertreten zu sein.
Eine weitere Nachricht, zu der mich viele Zuschriften erreichen, sind die Pläne, Einheiten in Deutschland ab 2026 mit weitreichenden konventionellen US-Waffensystemen auszustatten. Diese Stationierung soll zunächst zeitweise, im Rahmen von Übungen als Teil der Vorbereitung einer dauerhaften Stationierung erfolgen. Die Waffensysteme, darunter Tomahawk-Marschflugkörper und SM-6-Raketen, werden über eine deutlich größere Reichweite als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa verfügen. Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung der notwendigen Fähigkeiten in Europa. Zunächst soll es um die Stationierung von voraussichtlich zwei konventionellen Batterien auf einem US-amerikanischen Stützpunkt gehen. Weitere Details und Planungen werden in nächster Zeit bekanntgegeben.
Notwendig soll die Maßnahme durch die zunehmende Aggression Russlands geworden sein. Unter Putin hat Russland massiv im Bereich weitreichender Raketen und Marschflugkörper, auch nuklearer Systeme, aufgerüstet. Die Aufrüstung Russlands hat bereits zum Ende des INF-Vertrags (Intermediate Nuclear Forces Treaty/Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme) geführt. In den vergangenen Jahren hat Russland diese Aktivitäten noch einmal weiter beschleunigt. Die durch Russland bereits erfolgte Stationierung von bis weit nach Westeuropa reichenden, auch nuklear bestückbaren Flugkörpern und der russische Versuch, die Ukraine durch einen Angriffskrieg komplett einzunehmen, haben unsere Bedrohungslage noch einmal verändert. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung 2023 in der Nationalen Sicherheitsstrategie angekündigt, die Luftverteidigung in Europa grundlegend zu verstärken und abstandsfähige Präzisionswaffen zu entwickeln und einzuführen.
Die nun angekündigte Stationierung weitreichender konventioneller US-Waffensysteme in Deutschland dient dem von der Bundesregierung gesetzten Ziel der Stärkung der Abschreckung und Verteidigung in Reaktion auf die von Russland ausgehende Bedrohung. Kritisch beleuchten möchte ich den Prozess der letzten Tage dennoch: Selbstverständlich gehört eine so weitreichende Entscheidung im Plenum und den zuständigen Ausschüssen thematisiert. Als vollwertiges Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss habe ich als Parlamentarier über diese Entscheidung mitzudiskutieren und mitzuberaten. Für den Herbst ist zudem seit längerem eine außen- und sicherheitspolitische Debatte zur Nationalen Sicherheitsstrategie vorgesehen, in der ebenfalls diese Frage diskutiert wird. Die Verkündung der Entscheidung erfolgte im Windschatten sportlicher Großereignisse wie der EM im eigenen Land sowie den Olympischen Spielen bei unseren französischen Nachbarn. Damit – und den laufenden Sommerferien – werden auch notwendige gesellschaftliche Diskussionen eingedämpft. Ich wünsche mir ebenfalls die breite Diskussion in der Partei, unter diversen Interessenverbänden sowie der Bevölkerung.
Auf diesem Weg danke ich herzlich für die vielen Glückwünsche zu meinem 31. Geburtstag, ebenso herzlich auch für die zahlreichen Genesungswünsche, die mich auf unterschiedlichsten Kanälen erreichen. Ich habe jede Nachricht gelesen und mich über jede gefreut. Aktuell läuft die Behandlung nach Plan und die Ärzte sind zufrieden, was mich persönlich sehr motiviert und mir Kraft gibt. Am Ende steht eines fest: Die Genesung.
Bis dahin stehen Ihnen weiterhin meine Büros in Hannover und Berlin jederzeit für Ihre Anliegen zur Verfügung, ob telefonisch oder persönlich. Punktuell bin ich im Einsatz gerade mit Blick auf die Haushaltsberatungen in Berlin und Hannover. Ich berate mich mit unserem Bezirksvorsitzenden Dr. Matthias Miersch, unserer UB-Doppelspitze Leyla Hatami und Steffen Krach sowie mit meiner Co-Vorsitzenden Melanie Walter und unserem Ratsfraktionsvorsitzenden Lars Kelich. In der Zwischenzeit ist uns gelungen, einige Fördergelder aus Berlin für konkrete Projekte in Hannover für den Norden wie auch Süden zu gewinnen. Fast 200.000 Euro für das Heilig Geist Wohnprojekt in Südstadt-Bult, über vier Millionen Euro für den Umbau der Culemannstraße. Zudem laufen weitere Verhandlungen um finanzielle Millionen-Unterstützung für den Knabenchor, der nach Vahrenwald umziehen will, sowie die Fahrradpark-Garage unter dem Bahnhof. Letztere wird vor allem maßgeblich durch die SPD-Bundestagsfraktion zu entscheiden sein, weil es über unser Haushaltskontigent läuft.
Zum Abschluss: Mich freut es, dass die Berlin-Fahrten von Schulen jeder Form/Stufe und Institutionen sowie Privatpersonen und Unternehmen großen Andrang finden. Das Jahr 2024 ist voll, wir konnten schon über tausenden Bürgerinnen und Bürgern die heiligen Hallen der Demokratie zeigen. Und mein persönliches Ergebnis auf www.abgeordnetenwatch.de hat mich ebenfalls gefreut - mit Note 1 haben wir das vergangene Mandatsjahr abgeschlossen.
Ich freue mich auf die tollen Momente und Wiedersehen mit Ihnen im schönen Hannover oder turbulenten Berlin – ganz bald wieder.
Herzliche Grüße
Adis Ahmetović, MdB