Der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetović äußert sich in einem Statement, dass ein AfD-Verbotsverfahren in Erwägung gezogen und verfassungsrechtlich geprüft werden sollte.

„Auch in mir wächst der Wunsch, verstärkt gegen die AfD vorzugehen. Bei der AfD lässt sich eine immer schneller drehende Radikalisierungsspirale beobachten. Die jüngsten Wahlergebnisse und -umfragen verheißen nichts Gutes, und wir müssen uns mit Blick auf die generellen Entwicklungen (Erstarken der „Rechten“ auch im europäischen Kontext) entschieden gegen jegliche Art der Ausgrenzung positionieren und uns für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft einsetzen. Spätestens seit den neuesten Enthüllungen von Correctiv über den sogenannten „Geheimplan gegen Deutschland“ muss uns klar sein, dass die AfD eindeutige verfassungsfeindliche Tendenzen aufweist und bereit ist, unsere politische Ordnung, die freiheitlich-demokratische Ordnung, auszuhöhlen.

Die ideologische Grundlage der AfD ist eine, die sich mit Abneigung und Hass gegen Menschen richtet, gegen Andersdenkende und explizit gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Aber am Ende richtet sie sich gegen die gesamte freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Ich denke hier an das Zitat des deutschen Theologen Martin Niemöller: ‚Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestierte.‘

Mit dem Mittel unseres Rechtsstaates und unserer Verfassung müssen wir uns dieser Ideologie entgegenstellen. Es geht um die Abwehr autoritärer und autokratischer Kräfte, die nicht nur national spalten wollen, sondern auch europaweit und international vernetzt sind. Ein Verbotsverfahren sollte deshalb in Erwägung gezogen und geprüft werden, obgleich dies einige Hürden mit sich bringt.

Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig. Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen. Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch.

Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt. Wir setzen hierbei großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Als SPD-Fraktion werden wir die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse kontinuierlich in unsere Abwägungsprozesse für oder gegen ein AfD-Verbot miteinbeziehen.

Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass ein mögliches Parteiverbotsverfahren der AfD ein sehr langwieriger Prozess ist und die kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie die Europawahlen in diesem Jahr nicht beeinflussen wird. Selbstverständlich kann und sollte man die Debatte um ein Verbot der AfD führen, es bleibt jedoch umso wichtiger, dass wir das Problem des rechtsextremen Gedankenguts innerhalb der AfD ernsthaft gesamtgesellschaftlich angehen. Ein Parteiverbot allein kann die Wurzel dieses Problems nicht lösen, sondern es erfordert Engagement auf mehreren Ebenen.

Hier sind wir als Politik gefragt, den Bürgerinnen und Bürgern ein politisches Angebot zu machen und unsere politischen Entscheidungen zu erklären. Darüber hinaus verlangt ein gesamtgesellschaftliches Problem auch eine zivilgesellschaftliche Reaktion, bei der jede Bürgerin und jeder Bürger gefragt ist. Es ist erforderlich, Stellung gegen jegliche Art von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit zu beziehen und dem entschlossen entgegenzutreten- egal ob im täglichen Miteinander, in beruflicher Funktion oder in Form von friedlichen Protestaktionen. Als Bürger bin ich dabei an Ihrer Seite. Es geht nicht nur darum, die AfD politisch zu bekämpfen, sondern auch darum, die Gründe für ihre Anziehungskraft zu verstehen und anzugehen. Eine demokratische Streitkultur zu fördern, Desinformation und Verschwörungsideologien zu entkräften und eine fundierte politische Bildung zu betreiben, sind essenzielle Aspekte im Kampf gegen Rechtsextremismus.

Es ist eine Herausforderung, die sowohl politisches Engagement aller demokratischen Parteien als auch eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung erfordert“, so der Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetović.